15.2. Das zweite Ende der Geschichte

Wie sollte er sein Leben aushalten? Immer das gleiche. Immer das gleiche Frühstück am Morgen. Zwei Scheiben Brot mit Marmelade. Seit 21 Jahren die gleiche Marmelade. Das muss man sich mal vorstellen! Die Morgenzeitung; Politik, Seite 3, Lokales, Todesanzeigen und dann Klatsch und allzu Menschliches. Die Wale sind wieder auf dem Strand von Nordschottland gelandet. 7 Pottwale, alle verendet. Die Frau liest mit, nicht mehr im Morgenmantel, im feinen Hosenanzug. Steht ihr wirklich. Ist ja auch schlank genug. Arbeitet wieder. Marschiert ab in ihr Büro. Ich sage, ihr Büro, nicht irgend ein Büro. Elegant die Büroangestellten in ihrem Büro. Der Morgenmantel nur noch eine Erinnerung, der so vieles frei ließ, den sie oben oder unten offen ließ, ihm zu gefallen, weil er, in der Tür schon, ihr noch mal an die Brüste griff. Auch zwischen die Beine. Aber das Geld, das sie nach Hause bringt, ist auch nicht schlecht.
Tschüüüüs.
Was könnte man mit dem Geld machen? Verreisen? Wohin? Was Kaufen? Essen gehen? Den Kindern schenken?
Robert fuhr in seinem Wagen in die Kanzlei. Was dachte er seit 20 Jahren auf dieser Fahrt? Oft fuhr er gar nicht in die Kanzlei, sondern direkt zu irgendeinem Gerichtstermin. Dachte er dann etwas anderes? Früher war er aufgeregt, weil er nicht wusste, ob er erfolgreich sein würde Später war er aufgeregt, weil er wissen wollte, was aus seinen Kindern werden würde. Auch diese Frage war jetzt entschieden. Sie waren erfolgreich, aber nicht besonders. Was dachte Robert heute? Genau das war sein Problem. Er wusste nicht, worüber er nachdenken sollte.
Krieg in fernen Ländern. In der Zeitung hatte er heute Morgen vom Krieg gelesen und Bilder vom Krieg gesehen. Klar, die Menschen brauchen Krieg. Sie haben Lust am Krieg. In den Krieg ziehen mit Hurra.  Mit einem Gewehr, das blitzt und männlich ist.
In der Kanzlei war es auch wie immer. Adrette Sekretärin. Verschwiegen ist sie. Junge Frau, vielleicht bedient sie ihn, mit ihrem Körper. Aber wer bin ich denn? Dick, Bauch, alte Haut, grau.
Nein, er hat heute keinen Gerichtstermin.
Heute ist die große Besprechung mit den Leuten von der Brotfabrik.
Denken Sie an den Kaffee! 
Wozu das alles?
Es gab Tage, da wusste er gar nicht, warum er sich grämte. Da war alles wie immer. Dann wieder  war er gereizt, missmutig und schlief schlecht. So ging das über Monate. Erst allmählich versöhnte er sich mit den Fakten. Er war unrettbar an das Leben verloren.


Zu Kapitel 15, Teil 3